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Umweltsimulationen und Schwingprüfungen

Umweltsimulationen und Schwingprüfungen

Die Umweltsimulation – Mit realitätsnahen Prüfsystemen zu verlässlichen Simulationsmodellen

Produkte, Bauteile und ganze Konstruktionen unterliegen im täglichen Gebrauch enormen Belastungen. Dese Belastungen haben ihren Ursprung entweder in der Verwendung selbst oder aber – in immer stärkerem Ausmaß – in den Einflüssen der Umgebung. Also der Umwelt. Um Haltbarkeit und Lebenserwartung bestimmter Konstruktionen kontrollierten Prüfungen zu unterziehen und Schäden durch das Wissen um das Verhalten unter Umwelteinflüssen zu gezielt zu vermeiden, spielt heute die Umweltsimulation eine große Rolle.

Was ist eine Umweltsimulation?

Die einfachste und sicherlich zuverlässigste, weil realistischste Art und Weise, das Verhalten von Konstruktionen zu beurteilen, ist es, sie in der praktischen Verwendung zu beobachten und zu analysieren. Denn dann stimmen sowohl die Umwelteinflüsse als auch die Anforderungen aus der Nutzung heraus zu letztlich 100 Prozent mit der Realität überein. Denn sie sind real.
Die Probleme bei diesem Vorgehen liegen auf der Hand. Zum einen werden die Informationen erst im Laufe des Produktlebens gewonnen und können daher nicht vorab in die Entwicklung einfließen. Zudem ist das Verfahren sehr langwierig und dauert letztlich so lange, wie die Konstruktion überdauert. Andererseits ist aber auch nicht gewährleistet, dass beim betrachteten Produkt auch tatsächlich die maximale Beanspruchung vorliegt, so dass die gewonnenen Erkenntnisse erst in Summe zahlreicher Beobachtungen einigermaßen verlässliche Ergebnisse liefern.
Genau hier schlägt die Stunde der Umweltsimulation in einem kontrollierten Prüflabor. Sie simuliert nicht nur einheitliche und klar definierte Umwelt- und Nutzungseinflüsse. Sie tut das gleichzeitig in einem kontrollierten und erheblich beschleunigten Ablauf. Die Folge sind verlässliche Ergebnisse über das Verhalten von Konstruktionen unter oder sogar über die maximal zu erwartenden Einflüsse hinaus und über eine simulierte gesamte Lebensdauer hinweg. So lassen sich bereits in der Entwicklung verlässliche Ergebnisse gewinnen und in die Optimierung von Bauteilen oder Konstruktionen einbringen, bevor die tatsächliche Nutzung aufgenommen wird.

Mechanische, thermische oder chemische Simulationen – verschiedene Aspekte der Realität in der Umweltsimulation

Welche Aspekte der Realität in einer Umweltsimulation nachgestellt werden, hängt von der Bauweise und dem Ziel des Simulationstests und dem Produkt ab. Typische Simulationsinhalte, also Umweltbedingungen, im Prüflabor können mechanische Belastungen verschiedenster Ausprägung sein. Genauso sind aber auch Klimaprüfungen mit thermischen Simulationen besonders hoher oder tiefer Temperaturen oder sogar chemische Einflüsse möglich. So gibt es zum Beispiel spezielle Klimakammern, in denen klimatische Umweltbedingungen und Temperaturbereiche nachgestellt werden können.
Die wohl am weitesten verbreitete Umweltsimulation ist sicherlich die Simulierung von Schwingungen oder auch Bewegungen auf Makro- und Mikroebene überhaupt. Denn die Bewegung ist die physikalische Größe, die ganz unmittelbar auf das Material wirkt und seine Integrität auf die Belastungsprobe stellt. Dabei spielt in erster Linie die aus Bewegung oder wechselnder Belastung entstehende Bewegung in Form von Verformungen oder auch Schwingungen eine zentrale Rolle. Aber auch die thermische Verformung im Zuge von Temperaturwechseln, etwa durch Besonnung oder Verschattung, können wichtige Einflüsse auf das Material darstellen und in Klimakammern mit unterschiedlichsten Temperaturen nachgestellt werden.

Warum eine Umweltsimulation?

Bleibt man beim Thema der mechanischen Verformung durch Belastung, zeigt sich sehr schnell, warum eine Umweltsimulation das Mittel der Wahl ist. Unterliegt beispielsweise die Verbindungsstelle von Brückenbauteilen bei jeder Überfahrt eines schwergewichtigen LKWs einer Belastung und demzufolge einer “minimalen” Verformung, dann tritt diese Verformung natürlich nur dann auf, wenn ein LKW sie passiert. Nutzen beispielsweise 500 solcher Fahrzeuge täglich die Brücke, handelt es sich um 500 Belastungszyklen, was alle knapp 3 Minuten einer Belastung entspricht. Die Zeiten dazwischen sind im Hinblick auf die Bewertung der Belastung verloren. Eine Umweltsimulation rafft diese Zeit auf das nötige Minimum, so dass beispielsweise innerhalb weniger Stunden oder Tage die Belastungszyklen mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte absolviert werden können. Hinzu kommt, dass die simulierten Belastungen immer dem maximal zu erwartenden Gewicht, spricht dem größten LKW auf der Brücke entspricht. Bei Bedarf kann sogar eine Überlastung simuliert werden, so dass Extrembelastungen, die in der Realität möglicherweise nur wenige Male oder sogar nie auftreten, zur sicheren Beurteilung des Bauwerks getestet und bewertet werden können.

Eine Umweltsimulation technisch umsetzen – die Schwingprüfsimulation als Beispiel

Besonders gut lassen sich die Anforderungen der technischen Umweltsimulation am Beispiel der Schwingprüfsimulation erläutern. Denn hier findet sich zu Recht eine der “Paradedisziplinen” der Umweltprüfungen:

Warum Schwingungen simulieren?

Schwingungen sind die am häufigsten auftretenden Belastungen überhaupt, die Bauteilen oder Konstruktionen zu schaffen machen. Sie sind meistens permanent oder über längere Zeiträume aktiv und führen damit zu einer Permanentbelastung, die sich über die Lebensdauer zu enormen Krafteinwirkungen aufsummieren. Hinzu kommt, dass Schwingungen aus unterschiedlichsten Quellen herrühren können und damit die unweigerlich häufigste Belastungsart darstellen.
Nahezu jede vorherrschende Belastung resultiert letztlich in Schwingungen, die entweder als unmittelbare Auswirkung oder als Folge anderer Belastungsarten erscheinen. So schwingt die bereits als Beispiel eingeführte Brücke nach, sobald ein LKW diese passiert hat und die primäre Be- und Entlastung vorüber ist. Darüber hinaus treten Schwingungen aber auch als Resonanz anderer Belastungen durch die passierenden Fahrzeuge auf. Zuletzt führen selbst Wind und mitunter sogar Regen zu Schwingungen, die die Bauteile mit minimaler Amplitude, insgesamt aber nicht zu vernachlässigender Kraft beeinträchtigen.
Gerade weil die Schwingungen dauerhaft oder zumindest langfristig mit geringer Intensität auftreten, bietet die Umweltsimulation enorme Vorteile. Denn die Eigenheiten von Schwingungen bieten hervorragende Voraussetzungen, diese überhaupt zu simulieren und darüber hinaus noch in einem stark beschleunigten Ablauf auf das Bauteil oder Material einwirken zu lassen. Das Ergebnis sind einerseits zuverlässige und andererseits in deutlich kürzerer Zeit gewonnene Ergebnisse

Die Umweltsimulation als beschleunigter “worst case”

Typisch für die Umweltsimulation ist, dass nicht nur ein beschleunigter Zeitablauf gewählt wird. Hinzu kommt eine klare Definition der Intensität, in diesem Fall der Schwingung. Möglich sind Intensitätskurven, also Belastungssimulationen mit variabler, meist ansteigender Intensität. Dabei wird gezielt die rechnerisch zu erwartende Maximalbelastung angestrebt und kontrolliert überschritten. Damit lassen sich Sicherheitszuschläge ermitteln, die beispielsweise aus abweichenden “realen” Gegebenheiten resultierende Sonderfälle ausgleichen können. Man kann die Umweltsimulation damit getrost als eine Art kontrollierter und damit auch beabsichtigt herbeigeführter GAU oder auch Worst Case betrachten. Nur eben überwacht und im Zeitraffer. So wird nicht nur rechnerisch vorhersehbar, sondern auch tatsächlich am praktischen Versuch erlebbar, wie sich das betrachtete Bauteil unter den denkbar widrigsten Verhältnissen verhält

Die Erdbebenüberwachung – eine Aufgabe der Zukunft

Im Zuge des Klimawandels muss sich die Menschheit auf eine zunehmende Anzahl an unerwarteten Umweltereignissen einstellen. Hierzu zählen neben den bereits heute spürbaren Extremwetterlagen auch geologische Aktivitäten. Auch im erdbebenarmen Deutschland ist deshalb in Zukunft absehbar mit einer Zunahme seismischer Aktivitäten zu rechnen – mit Erdbeben. Schon lange, bevor die Menschen Erdbeben überhaupt als solche wahrnehmen, können diese eine Gefährdung für Bauwerke und Infrastruktur darstellen. Deshalb ist es unerlässlich, auch geringste Bodenbewegungen und -erschütterungen exakt zu erfassen und zu messen.

Von der Technik in die Natur – Schwingungsverhalten messen und erfassen

Der Bogen von der Schwingprüfsimulation zur Erdbebenüberwachung schließt sich mit der Feststellung, dass ein Erdbeben letztlich auch “nur” gewöhnliche Schwingungen hervorruft. Nur eben nicht auf einzelne Bauteile begrenzt, sondern in zumindest regionaler Dimension. Die Auswirkung auf ein Bauteil ist dabei dieselbe. Ob ein LKW eine Brücke passiert oder diese durch einen sich bewegenden Untergrund in Schwingung versetzt wird – grundsätzlich handelt es sich immer um eine vektorisierte Krafteinwirkung auf das Material.
Nun ist der Schritt von der aktiv in Schwingung versetzten Materie mit Bestimmung des Schwingverhaltens nicht mehr groß hin zu einer von außen erzeugten Schwingung mit einer ebenso exakten Erfassung und Bewertung genau dieser Schwingungen – also der Schritt von der Schwingprüfsimulation zum Seismographen.

Schwingungen erfassen und testen – das Zusammenspiel von Seismographie und Schwingprüfsimulation

Nicht nur technisch sind die Umweltsimulation und die Messung von aus der Umwelt heraus erzeugten Schwingungen eng verbunden. Auch inhaltlich bieten sich sinnvolle Zusammenhänge, um Materialien und Konstruktionen noch zuverlässiger, haltbarer und sicherer zu machen.
Über die Erdbebenüberwachung lassen sich aktuelle Einflüsse auf unsere Umwelt erfassen und beziffern. Aus Veränderungen des Erdverhaltens lassen sich Rückschlüsse über zukünftig zu erwartende Erdbebenereignisse gewinnen. Diese Erkenntnisse können nun in die Schwingprüfsimulation zur Entwicklung von erdbebensicheren Konstruktionen einfließen, so dass die Menschen auf zukünftig sicher leben können. Zuletzt erlaubt die Überwachung dieser Konstruktionen über Seismographen die Kontrolle, ob die zukünftigen Erdbebenereignisse tatsächlich den Annahmen entsprechen, oder ob die angenommenen Höchstbelastungen überschritten werden. Ist das der Fall, kann eine zielgerichtete Prüfung auf Schäden und mögliche Gefahren vorgenommen werden.

Fazit – durch die Umweltsimulation noch besser auf die veränderten Anforderungen der Realität reagieren

Die Erfassung und Simulation von Schwingungen spielen damit eine zentrale Rolle in der Entwicklung einer sicheren Umgebung für die Menschen. Gerade der nicht mehr von der Hand zu weisende Klimawandel führt zu aktuell nicht mehr über Erfahrungswerte abzudeckende Prognosen zu zukünftigen Belastungen auf Materialien und Bauteile in allen Bereichen des täglichen Lebens. Deshalb ist es heute unerlässlich, sowohl die sich verändernden Einflüsse zu erfassen, als auch zukünftige Erwartungen sicher zu simulieren. Erst so ergeben sich Konstruktionen, die die “Erfahrung” einer jahrzehntelangen Verwendung schon von Beginn an mit sich bringen.

Titelbild © OrpheusXL / stock.adobe.com